Moderne Plastische Chirurgie: ästhetisch und rekonstruktiv

Chefarzt Dr. Florian Schober gewährt Einblicke in sein medizinsches Fachgebiet

Um 21.00 Uhr wolle er zu Hause sein, hält Chefarzt Dr. Florian Schober des DIAK Klinikums gleich zu Beginn fest: „Da spielt der VFB. Und das muss sein.“ Dass er aber nicht nur eingefleischter Fußball-Fan, sondern vor allem als plastischer Chirurg für sein Fachgebiet brennt, zeigt sich sehr bald während seines Vortrages im Rahmen des Michelbacher Schlossforums. Im Andachtsraums des Schlosses werden zu Beginn noch schnell ein paar Stühle mehr aufgestellt, denn neben den Bio-Kursen der Kursstufe sind auch zahlreiche interessierte Michelbacher gekommen.

 „Zwischen Unfallopfer und Schönheitsideal ‒ ein Update aktueller Therapieverfahren der Plastischen Chirurgie“ hat Schober seinen Vortrag genannt und stellt damit vor allem die neuen medizinischen Verfahren ins Zentrum seines Vortrages. Dennoch führt er das Thema über einen kurzen historischen Abriss ein. Bereits im 16. Jahrhundert formt der italienische Chirurg Gasparo Tagliacozzi aus dem Oberarmlappengewebe seines Patienten eine neue Nase, die er vermutlich beim Duell verloren hatte. Überhaupt ebnet Krieg und Gewalt der plastischen Chirurgie den Weg in die moderne Medizin. Manche Soldaten des Erste Weltkriegs zu Beginn des 20. Jahrhunderts kehren von den Kriegsschauplätzen in Frankreich und Flandern grässlich entstellt zurück. Schober zeigt das Bild eines Kriegsversehrten, dessen halbes Gesicht fehlt. Die Rekonstruktion dieses Männergesichtes zeigt für Schober wie sehr die plastische Chirurgie schon vor hundert Jahren die Lebensqualität der Menschen verbessern konnte.

Insgesamt widmet er der rekonstruktiven plastischen Chirurgie den Hauptteil seines Vortrages. In kurzer Zeit gelingt es dem Chefarzt seinem Publikum die wichtigsten Grundregeln zu vermitteln. „Wo ist zu viel Haut?“ fragt er und weist auf Hautfalten und -überschuss an Hals, Bauch, Po oder Oberschenkel hin. Denn dem Grundprinzip, das der Italiener Tagliacozzi in der italienischen Renaissance bereits anwandte, bleibt auch die moderne Medizin treu. Bei der Rekonstruktion von Gliedmaßen, Hautoberfläche oder Brust wird Eigengewebe verpflanzt. Neben Haut auch Fettgewebe, dass manches Mal durch Hammelfett angereichert wird. Der Trick hierbei ist, dass eigenes Gewebe nicht nur anwächst, sondern weiterwächst.  2016 gelingt es Dr. Schober daher den durch einen Feuerwerkskörper abgerissenen Daumen eines Patienten zu rekonstruktieren, indem er ihn in einen Leistenlappen einnäht. Acht Wochen muss der der junge Mann mit eingenähter Hand am Unterbauch ausharren, doch die Tortur lohnt sich für ihn. Selbst die Nervenbahnen wachsen nach, so dass er seine Hand weiterhin gebrauchen kann.

Der Arzt steht dem eigenen Fachgebiet jedoch durchaus kritisch gegenüber. Ästethisch plastische Chirurgie ist für ihn keine Frage überzogener medialer Schönheitsideale. Eine regelrechte Sucht könne es werden, stellt er fest, und präsentiert das Gruselkabinett überzogener Schlauchbootlippen, Katzenaugen und Superbusen aus der Welt der Stars und Sternchen. Ästhetisch heißt für Schober immer auch medinisch indiziert. Ihm geht es darum, physischen oder psychische Schmerzen zu lindern. Für ihn ein klarer Fall: Kinder mit Segelohren, die im Kindesalter dafür gehänselt werden.

Daneben muss das gesundheitliche Risiko des Eingriffes für ihn so gering wie möglich sein. "Eine Bauchstraffung ist kein großes Ding, da entnehmen Sie einfach Gewebe und erhalten einen schönen flachen Bauch." Silokon hingegen sieht Schober eher kritisch. Zu oft hat er geplatzte Kissen bereits wieder entfernen müssen.  Enthusisatisch wird er jedoch im Hinblick auf die heutigen technischen Möglichkeiten: "Den Faden können Sie mit bloßem Auge gar nicht erkennen", erläutert Schober und deutet an, wie viel Fingerspitzengefühl eben auch zur plastischen Chirurgie unter dem Elektromikroskop gehören.

"Könnten Sie das Ihren Kollegen von der Unfallchirurgie mal sagen", meldet sich eine rüstige Michelbacherin zu Wort. "Mein Tierarzt sagt, diese Naht hätte er bei meinem Hund besser gemacht." Schober bleibt freundlich und ehrlich: "Dass eine schöne Naht zur OP dazu gehört, können Sie den meisten Chirurgen außerhalb der plastischen Chirurgie nur schwer vermitteln. Wir sind alle auf unserem Fachgebiet Spezialisten."

Eine Schülerin erkundigt sich, wie man bei einer OP von über 14 Stunden hellwach und konzentriert bleiben kann. - "Ein Chirurg schläft am OP-Tisch nicht ein. Da haben Sie zu viel Adrenalin im Blut und sind so konzentriert, das passiert Ihnen einfach nicht. Schlimm ist es für die Assisstenzärzte, die über Stunden OPs begleiten und beispielsweise nur Gewebe auseinander spreizen müssen. Da kommt der Schlaf schon manchmal über sie..."

Insgesamt besticht Schobers Vortrag durch seine Ausgewogenheit. Es gelingt ihm seinem Publikum mit nur wenigen, aber sehr einprägsamen Bilder einen kleinen Einblick in seinen OP-Alltag mit hochmoderner Technik und Präzisionsgeräten zu gewähren.

Vielen Dank dafür! Ach, ja und  von unsere Seite noch Glückwunsch zum Sieg des VFB gegen den SK Slovan Bratislava.

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